Unternehmensanalyse Wacker Chemie AG

Unternehmensanalyse: Wacker Chemie AG

Die Wacker Chemie AG ist eigentlich auf den ersten Blick kein erkennbarer Value-Wert. Weder handelt es unter Buchwert (KBVQ3/11=1,21), noch gibt es eine erkennbare Monopolstellung. Weshalb werfe ich als Value-Investor trotzdem einen Blick auf diese Aktie? Weil ich nach Über- oder Untertreibungen von „Mr. Market“ Ausschau halte. Übertreibungen sollte ein Value-Investor grundsätzlich zum Verkauf nutzen – Untertreibungen zum Kauf! Unter- und Übertreibungen sind nicht einfach erkennbar.

Guter Screening-Prozess

Um nicht alle Unternehmen analysieren zu müssen, konzentriere ich mich auf Extrementwicklungen innerhalb einer Auswahl von Aktien (z.B. dem MDAX). Hierbei fällt mir auf, dass sich innerhalb des MDAX Heidelberg Druckmaschinen (-55%), Gagfah (-50%), Kloeckner & Co (-46%) sowie Wacker Chemie (-45%) in den letzten 12 Monaten am schlechtesten entwickelt haben. Eine schlechte Kursentwicklung ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für eine Unterbewertung. Sie ist aber in vielen Fällen ein gutes Indiz um dieses Unternehmen fundamental einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Da ich bei Heidelberg Druckmaschinen, Gagfah und Kloeckner die Gründe für die Kurseinbrüche kenne, konzentriere ich mich auf die Wacker Chemie AG.

Die Analyse de Wacker Chemie AG

Grundsätzlich sind meine Analysen sehr zahlenlastig, was eine gewisse Gefahr birgt. Ich bevorzuge Unternehmen, bei denen ich dir Produkte verstehe und das Management kenne, so eng wie Warren Buffet bei der Auswahl der Unternehmen bin ich aber nicht.

Für mich ist es wichtig den Markt zu verstehen: Wofür werden die Produkte verwendet und erfüllen die Endprodukte einen Nutzen? Ich muss nicht verstehen, wie das Produkt hergestellt wird und wie man es genau verwendet.

Die Gefahr, die sich daraus ergibt, besteht darin, dass ich neue Substitute auf dem Markt nicht rechtzeitig erkenne und einen damit einhergehenden möglichen Niedergang des Unternehmens. Aus diesem Grund bevorzuge ich Unternehmen, die sich auf eine Branche spezialisiert haben, aber gleichezeitig eine breite Palette von Produkten anbieten, die nach Möglichkeit viele Anwendungsgebiete besitzen.

Die Chemie von Wacker Chemie hat viele Anwendungsgebiete

Chemiefirmen wie Wacker Chemie erfüllen diesen Anspruch. Beim Management gibt es gewisse no-go’s (z.B. unbegründeter Aktienverkauf oder uneingestandenes Betrugs-/Fehlverhalten), ansonsten bin ich aber der Überzeugung, dass dummes Management aus einer Perle kein Verlust machen kann und kluges Management aus Schrott kein Gewinn, jedenfalls nicht im ordentlichen Betrieb und ohne Zustimmung der Aktionäre. Das Management der Wacker Chemie listet für die letzten 12 Monate nur Nettokäufe auf, was ich positiv bewerte, auch sonst sehe ich keine offensichtlichen Verfehlungen, wobei ich ausschliesslich den CEO Rudolf Stuadigl gegoogelt habe.

Als nächstes schaue ich mir die Ad-hoc-Meldungen an um eine Erklärung für den Kurseinbruch des letzten Jahres zu bekommen – als wahrscheinlichsten Grund erscheint mir die Annahme einer Rezession innerhalb Europas und die Krise der Solarindustrie. Die Annahme einer Rezession ist für einen Value-Investor grundsätzlich gut, da sich die meisten Unternehmen im Gegensatz zu den meisten Anlegern auf eine Rezession vorbereiten und die grössten Schnäppchen in dieser Zeit zu finden sind. Viele Menschen missverstehen die Börse hierbei und investieren zu spät, da während einer Rezession die Börsenkurse bereits wieder zu steigen beginnen. Der Grund ist die Annahme eines zukünfitgen Aufschwungs!

Ein guter Value-Investor sollte die Aufs und Abs der Börse als Chancen sehen. Seine Strategie aber niemals davon allein abhängig machen. Zu der Krise der Solarindustrie ist zu sagen, dass es tatsächlich eine Überkapazität bei den Modulherstellern gibt. Der Solarmarkt aber gleichzeitig ein überdurchschnittliches Wachstum zeigt und diese auch vom Megatrend „Ökologie“ gestützt wird. Die Frage ist also, ob es auch eine Überkapazität bei den Chemiezulieferern gibt? Dies scheint für einen intakten Markt (keine Rezession/kein Boom) nicht der Fall zu sein. Bei der folgenden Analyse konzentriere ich mich also insbesondere auf die bilanzielle Gesundheit von Wacker Chemie, die einer Rezession standhalten muss.

Datum
Q3/2011
EBIT in Mio*
855,40
Mitarbeiter
17.133
Ergebnis in Mio*
560,00
Freefloater
29%
EK-Rendite
20,75%
Anzahl Aktien
49.677.983
Bereinigte EK%
20,57%
EK in Mio.
2699,00
E/A
11,27
Minderheiten in Mio
23,00
Dividende*
3,20
Gesamtkapital in Mio
6.125,70
in%
4,85%
EK-Quote
44,4%
KGV
5,85
Buchwert je Aktie
54,33
Cash pro Aktie
12,32
KBV
1,21
aktueller Kurs
66,00
*Schätzungen
Jahr
Gewinn
Eigenkapital
EK-Rendite
2004
16
909
2%
2005
144
933
15%
2006
312
1570
20%
2007
422
1850
23%
2008
438
2080
21%
2009
-70
1925
-4%
2010
490
2422
20%
2011
560
2699
21%
Durchschnitt:
15%
Easy Buffett:
aktueller Kurs
66
Buchwert
54
aktueller Gewinn
8,1
Einstandsrendite
12,27%
ØEigenkapitalrendite
15%
Ausschüttungsquote
30%
EK-Wachstum
11%
Jahre n
10
Buchwert in n Jahren
146,6
Gewinn in n Jahren
21,98
KGV
9
Kurs in n Jahren
197,9
∑Dividenden in n Jahren
45,13
Rendite
13,92%

Erklärung des Easy Buffett.

Fazit:

Die Interpretation der Daten zeigt, dass es während einer Rezession (z.B. 2009) von Verlusten ausgegangen werden muss, dies ist bei einem Zykliker nicht überraschend. Die im Aufschwung kompensierende EK-Rendite von 20% ist nicht sonderlich hoch, scheint seit Börsengang aber ziemlich konstant zu sein. Ein Grund für die niedrige EK-Rendite liegt sicher in der hohen Eigenkapitalquote, die aber die notwendige Sicherheit für eine Rezession gibt.

Zum Vergleich BASF hat ebenfalls eine hohe EK-Quote von 40%. Mithilfe des „Easy Buffett“ lässt sich die voraussichtliche jährliche Rendite für die nächsten 10 Jahre errechnen. Den „Easy Buffett“ werden ich in einem späteren Artikel noch einmal genauer erklären. Auf jeden Fall kommt er für ein relativ moderates KGV von 9 zu einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von knapp 14%. Was im derzeitigen Zinsumfeld herausragend ist. Der Kurseinbruch des letzten Jahres scheint für mich eine Überreaktion auf eine mögliche Rezession zu sein.

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18 Kommentare
  1. Frank sagte:

    Hallo Till, willkommen beim Einstiegskurs, hoffentlich sinds nicht nur die Shorties,sondern auch fundamentale Gründe. Frank

  2. Alex sagte:

    Das ich etwas technisch angehaucht bin, hast Du schnell gemerkt 😉 Ich bin froh so eine tolle analyse von Dir lesen zu dürfen. Wacker interessiert mich schon länger. Wenn die 45-46 € halten sollten (Doppelboden), werde ich zuschlagen! Danke

  3. Till S. sagte:

    Was mir definitiv nicht gefällt, sind die Insider Verkäufe, die auch schon hier im Blog angesprochen wurden.

  4. Till S. sagte:

    Wie halte ich meine Verluste aus? Gute Frage. Meine grösster Anlagefehler den ich bisher gemacht habe war Pfleiderer AG. Ich habe ihn nicht korregiert und bis zum Ende durchgezogen. War es eine Anlage a la Warren Buffett? Sicher nicht. Habe ich aus der Anlage gelernt? Ja, wenn ich auf einen Turn-Around setzte, dann nur noch mit Anleihen, wo ich zu einem gewissen Grad die Verluste kalkulieren kann, siehe Praktiker. Sehe ich die Probleme bei Wacker? Ja, habe ich auch hier im Eintrag angesprochen, die Solarbranche + Zykliker. Verstehe ich die Kursentwicklung zurzeit? Nein, wenn man mal davon absieht, dass Leute auf schlechte Nachrichten verkaufen. Habe ich zu früh gekauft? Offensichtlich. Allerdings bleibt eine entscheidene Fragen offen, wenn ich bei 66 Euro die Aktie für kaufenswert halte, was passiert mit meiner Bewertung bei 55 Euro, was mit meiner Bewertung bei 44 Euro? Sollte sich eigentlich nicht ändern, oder? Ich kann mit meiner Bewertung falsch liegen. Bei einigen, die ich hier veröffentlich habe, wird das auch so sein. Bisher habe ich aber im Schnitt ein postives Ergebnis für die letzten vier Jahre erzielt, auch mein jetztiges Portfolio liegt gut im Plus. Um auf deine Eingangsfrage zurück zu kommen. Ich halte Verluste aus, wenn ich meiner Bewertung vertraue. Das heisst ich modifizier meine Anlagestrategie nur, wenn ich Fehler entdecke. Ich würde mich freuen, wenn du mich auf ein fundamentalen Fehler bei meinem Wacker Investment hinweist. Zu sagen: weil der Kurs fällt, verkaufe ich, ist mir zu technisch.

  5. Alex sagte:

    Wie hälst Du den Verlust der bei Wacker seid Deinem Einkauf entstanden ist aus? Also bei mir gehen solche Aktivitäten immer schief, und verkaufe bei -10% des Einkaufkurses um dann eventuell weiter unten wieder einzusteigen. Seid meiner Strategie bei -10% zu verkaufen habe ich nur noch geringe Verluste! Wieso hälst du trotz hohem 2-stelligem Verlust die Wacker? Die ist bald beim ATL angelangt.

  6. Till S. sagte:

    Hi Frank Das ist zwar eine interessante Information, sollte für deine Bewertung und damit auch deine Kauf- oder Verkaufentscheidung aber keine Rolle spielen. Allerdings hilft es dir natrülich einen möglichen Absturz und Recovery zu erklären, wenn dich der Kursverlauf nervös macht. Gruss Till

  7. Frank sagte:

    Hallo, ich habe heute in Focus Money gelesen daß es bei Wacker Chemie eine hohe short selling Rate gibt. Da kanns natürlich in beide Richtungen noch munter hergehen. Frank

  8. Frank sagte:

    Hallo Till, kurz vor Börsenschluß ist Wacker Chemie innerhalb einer Stunde um fast 2 % gestiegen. Entweder eine positive Analysteneinschätzung oder evtl. ein Insiderkauf bzw. Kauf einer größeren Adresse. Bin gespannt ob man in nächster Zeit etwas hört. Frank

  9. Till S. sagte:

    Hi Frank Ich hab mich auch mal ein bisschen umgeschaut und finde keine gute Begründung. Bei einer Jahres Vergütung von 1.7 Mio Euro im Jahr 2011 glaube ich aber nicht, dass er die 120 k Cash braucht. Ich bin mir auch sicher, dass er mehr weiss als wir. Allerdings glaube ich nicht, dass er dies so auffällig nutzten wird und schon gar nicht für in seinen Augen lächerliche 120 k. Ich gaube also, dass die Verkäufe nicht überzubewerten sind, auch wenn Verkäufe vom Management immer ein schlechtes Zeichen sind. Gruss Till

  10. Frank sagte:

    Joachim Rauhut, Finanzvorstand sammelt Aktien über Jahre zu preisen um 140 Euro und verkauft jetzt zu 53 Euro. Versteh ich irgendwie nicht. Weiß er was was wir nicht wissen oder braucht er einfach nur Cash? Frank

  11. Till S sagte:

    Hi Frank Ich mache mir bei Wacker Chemie auch keine Sorgen. Wie du siehst bin ich sogar noch früher eingestiegen, bei 68 Euro. Habe meine Meinung dem Unternehmen gegenüber aber bisher nicht geändert, wenn dies geschieht werde ich dies über die Seite hier mitteilen. Gruss Till

  12. Frank sagte:

    Hallo, bin bei Wacker zu 60 Euro eingestiegen. Für mich scheint ein Unternehmen daß selbst bei so niedrigen Polysiliziumpreisen Geld verdient zu den langfristigen Gewinnern gehören. Solche allgemeinen Solarabschläge deuten für mich auf eine negative Übertreibung hin die man nutzen sollte. Frank

  13. Till S. sagte:

    Ich gucke privat eigentlich immer bei finanzen.net,das ist für deutsche Werte definitiv ausreichend und die veröffentlichen 1x die Woche auch eine Liste mit den grössten Insider-Trades. Wenn du irgendwo (z.B. Universität) einen Bloomberg oder Reuters Zugang hast, hast du da natürlich eine zentrale Datenbank.

  14. Alex sagte:

    Das Management der Wacker Chemie listet für die letzten 12 Monate nur Nettokäufe auf, was ich positiv bewerte, … Wo genau suchst du dir die Managementkäufe der Aktie raus? Gibt es da eine Zentrale Datenbank?

  15. Michael Kissig sagte:

    Der Megatrend erneuerbare Energien wird ein großes Geschäft werden. Allerdings dürften die meisten der heute beteiligten Firmen nicht lange überleben – so war es bei den Autoherstellern, den Flugzeugbauern und so wird es bei den Solarzellenherstellern sein. Einige wenige Unternehmen werden sich als die großen Player behaupten, die anderen gehen Pleite oder werden übernommen. Und wie man aktuell bei Q-Cells, Solar Millennium, Solon uswusf. in Deutschland sieht, ist die Marktbereinigung in vollem Gange. Denn die deutschen Hersteller sind zurzeit nicht wettbewerbsfähig, sondern an die hohen Vergütungen aus dem EEG gewöhnt. Chinesische Firmen produzieren weitaus günstiger und für die EEG-Vergütung ist es unerheblich, woher die verwendeten Module stammen. Daher haben es die deutschen Hersteller zunehmend schwer, noch profitabel zu wirtschaften. Und Wacker Chemie dürfte hier unter (Margen-)Druck geraten mit seinen Produkten. (Auch) daraus dürfte sich die momentane Skepsis der Börse ggü. Wacker Chemie erklären. Und ob sich das Unternehmensumfeld hier wieder aufklart, ist schwer einzuschätzen. Ich bin da eher skeptisch…

  16. Stefan sagte:

    Hallo Till, vielen Dank für deinen Kommentar auf meinem Blog! Ich wünsche dir viel Erfolg und Ausdauer mit deinem Blog. Die deutschsprachigen Value-Blogs, die ja leider äußerst selten sind, können Verstärkung mit Sicherheit gebrauchen! Werde hier jedenfalls jetzt öfter vorbeischauen. Grüße, Stefan

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