Investmentmythen

Mythen über das Investieren (Teil 1)

In der folgenden Artikelserie, gucke ich mir Mythen, vermeintliche Mythen, Weisheiten und sonstige Regeln über das Investieren an und hinterfrage sie mit meiner persönlichen Einstellung und meinem Wissen.

1. Die Börse ist reines Glückspiel

Wer hat noch nicht vom Casino „Wall Street“ gehört? Oder von dressierten Schimpansen, die besser Aktien auswählen als Fondsmanager? Muss man also von Zufall sprechen, wenn man an der Börse handelt? Oder gibt es besondere Fähigkeiten, die es einem ermöglichen Geld aus dem Nichts zu schaffen? Die gibt es natürlich nicht.

Trotzdem ist an der Börse nicht alles Zufall. Teilt man die Börse in Spekulations- und Investitionsgeschäfte, zeigt sich, dass man auch ohne Glück Geld verdienen kann. Auf der kurzfristig orientierten Spekulationsseite ist die Börse zufällig. Alle Spekulanten gewinnen Geld über Preisdifferenzen. Wenn einer gewinnt, muss ein anderer verlieren.

Gäbe es in diesem Bereich der Börse ein Methode, welche funktioniert und rational begründbar ist, würde diese von allen Spekulanten kopiert werden und damit aufhören zu funktionieren. Die Börse wäre wieder genauso unvorhersehbar wie zuvor. Warum?

Angenommen ein Spekulant könnte mit seiner Methode einen Börsencrash vorhersehen. Diese Methode sagt ein Crash für nächsten Freitag voraus. Die Information würde allen Spekulanten bereit stehen. Dann kommt der Crash nur früher und damit wieder vollkommen überraschend. Die Verhältnisse für Spekulanten sind wieder zufällig.

Anders verhält es sich für langfristig orientierte Investoren. Für sie ist die Börse ein Werkzeug, um Unternehmen und deren zukünftige Gewinne zu kaufen oder zu verkaufen. Für sie ist die Börse kein Casino, sondern ein Platz, um in die Produktivität von Unternehmen zu investieren.

Machen sie dieses gut, dann werden sie an der Börse langfristig Geld in Höhe der Produktivität aller Unternehmen verdienen (ohne Zufall). Wird ein Investor, mit einer besonders guten Methode Unternehmen zu bewerten, kopiert, verbessert dies in erster Linie die Kapitalallokation und damit die Produktivität des eingesetzten Kapitals. Dies führt zu einer höheren Produktivität der gesamten Wirtschaft und damit zu einem höheren Gewinn aller Investoren (ohne Zufall).

2. Jeder kann den Durchschnitt schlagen

Der wohl am einfachsten zu wiederlegende Mythos. Selbst wenn alle Spekulanten und Investoren besser werden, wird die Hälfte immer noch unter dem Durchschnitt liegen. Trotzdem treten die Mehrheit aller Banken, Fondsmanager und Anlageberate mit dem Versprechen auf, besser als der Durchschnitt zu sein!

Interessant ist: Sie können für diese Fehleinschätzung relativ wenig. Anscheinend liegt uns zu viel Selbstbewusstsein im Blut. Laut einer Studie von Ola Svenson sagen zum Beispiel 93 % aller amerikanischen Autofahrer, dass sie besser fahren als der Durchschnitt.

3. Value Investoren investieren nur in “gute” Unternehmen

Value Investing bedeutet in erster Linie in Unternehmen zu investieren, die an der Börse zu einem niedrigeren Kurs gehandelt werden als ihr innerer Wert. Dies gibt dem Value Investor eine Sicherheitsmarge. Value Investing bedeutet in einem ersten Schritt das Unternehmen fundamental zu analysieren und in einem zweiten Schritt auf eine Fehl- bzw. Unterbewertung am Markt zu warten. Es besagt aber nichts über die Qualität der Anlage.

Natürlich ist ein langfristiger Investor an einem sicheren, super profitablen Geschäft interessiert. Wenn der Preis stimmt, kauft er aber auch alles andere. So kann ein langweiliges Geschäft mit einem Massengut ohne Marge auch ein guter Deal sein, wenn der Preis niedrig genug ist. Auch ein hochriskantes Geschäft ohne Sicherheit mit hohen Gewinnaussichten kann ein guter Deal sein, wenn der Preis niedrig genug ist. Jeder Value Investor muss seinen eigenen Stil finden und Unternehmen zu Preisen kaufen, mit denen er sich wohl fühlt.

4. Gute Nachrichten sind immer gut für den Börsenkurs

Gerade Börsenneulinge fallen auf diesen Mythos immer wieder herein. Sie müssen denken, dass die Kurse von Aktien vollkommen irrational und unlogisch sind. So können Aktienkurse schlagartig ansteigen, nachdem ein Unternehmen einen hohen Verlust mitgeteilt hat oder um mehrere Prozent fallen, wenn ein Unternehmen einen neuen Gewinnrekord verkündet. Der Grund ist die vollendete Tatsache.

Ein grosser Teil der Börse wird von Spekulanten dominiert, diese versuchen auf kurzfristige Ereignisse zu handeln und von diesen zu profitieren. Tritt dieses Ereignis ein wird es zur Tatsache. Verluste und Gewinne werden in der Tendenz meistens richtig vorhergesagt. Bei hohen zu erwartenden Verlusten werden diejenigen, die verkaufen wollen, bis zu dem Ereignis verkauft haben. Die Stimmung ist schlecht. An dem Tag des Ereignisses gibt es dann oft keine Anleger mehr die den Kurs noch weiter drücken können. Andersherum verhält es sich mit hohen Gewinnen. Viele Leute kaufen in Erwartung hoher Gewinne. Die Stimmung um die Aktie ist gut. Tritt das Ereignis dann ein gibt es keine potenziellen Anleger mehr, die den Kurs noch höher treiben könnten.

Kennt ihr noch weitere Mythen, vermeintliche Mythen, Weisheiten oder sonstige Regel über das Investieren, die ihr besprochen haben wollt? Ich freue mich über eure Kommentare!

5 Kommentare
  1. Regina Martins sagte:

    Solche Investitionen wie diese sind meiner Meinung nach eh sinnvoller, da man auch etwas für die Gemeinheit tut. Investitionen in Wetten auf Lebensmittelpreise oder Ähnlichem sind einfach nur schändlich und bringen der Bevölkerung nichts, sondern nur ein paar Wenigen.

  2. ypek sagte:

    Gier ist gut Immer wieder begegnen mir Personen, die sich mit der Börse beschäftigen und meinen, Gier sei gut. Ich vermute, Gordon Gekko hat diesen Mythos in die Welt gesetzt. „Gier ist richtig … Gier klärt die Dinge, durchdringt sie und ist der Kern jedes fortschrittlichen Geistes“, sprach er. Doch ist das wirklich so? Ist Gier nicht Motor eines ungezügelten Kasino-Kapitalismus, bei dem nur ganz wenige reich werden. Individuell ist Gier für mich ein Synonym für übersteigerten Optimismus und Selbstüberschätzung. Dies verleitet Menschen beispielsweise dazu, Produkte mit viel zu hohen Hebeln zu ordern oder Verluste nicht zu realisieren. Und warum? Allein um die Gier zu befriedigen übermäßig mehr besitzen zu wollen. Weniger ist manchmal mehr – gerade an der Börse.

  3. Finanzgrund sagte:

    Guter Artikel! Ich weiß überhaupt nicht wie oft ich Punkt 4 schon gehört habe, vielleicht nicht so formuliert, aber der O-Ton war der gleiche. Weiter so!

  4. Valueer sagte:

    Mir fällt da der Klassiker ein: Effizienzmarkthypothese (bzw. Markteffizienztheorie) wie Buffett schon sagte: Wenn diese nicht eh schon an den Universitäten gelehrt würde, müsste er glatt den Lehrstuhl finanzieren. Gruß Valueer

  5. Andreas sagte:

    An der Börse verdient man Geld ohne wirklich etwas zu tun. Gerade von Bekannten die fast nichts mit der Börse und mit investieren zu tun haben, kommt immer wieder der Mythos, dass Sie schon gerne investieren würden, aber nicht mit Nichtstun Geld verdienen wollen, da sie dies verwerflich fänden. Ich versuche dann immer von der Börse als Platz für Menschen mit Geld aber ohne Ideen und Unternehmen mit Ideen aber ohne ausreichend Geld zu berichten. Mit ihr können großartige Unternehmen wie Google o.ä. erst wirklich großartig werden – da sonst schlicht das Geld für Investitionen fehlen würde. 50 % der Menschen kann ich damit überzeugen, dass die Börse doch gut für die Realwirtschaft ist. Weiter ausgelassen über das Thema Wozu braucht man die Börse habe ich mich in folgendem Blogbeitrag: http://www.diekleinanleger.com/warum-braucht-man-die-borse/

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