Als ich zusammen mit meinen Kommilitonen den SFG Fonds gegründet habe, haben wir uns lange Gedanken darum gemacht, wer bei uns investieren darf und wer nicht!
In der modernen Finanzindustrie ist es in den letzten Jahren leider Praxis gewesen, Produkte an unmündige Konsumenten zu verkaufen. Das heißt an Personen, die auf der Ebene der Kapitalanlage wenig bis keine Erfahrung haben und eigentlich keine Handlungsfähigkeit besitzen: Entscheidungen über solche Finanzanlagen zu verantworten. Solchen Menschen rate ich grundsätzlich, sich zu informieren. Große Verantwortungslosigkeit sehe ich hier neben den Finanzdienstleistern bei der Politik, da der Lernplan von Schülern in Deutschland zwar Politik, Geschichte und Religion behandelt, ansatzweise auch über die „Wirtschaft“ aufklärt, Kapital und dessen Konkretisierung aber nicht beinhaltet. Dabei bin ich der Meinung, dass die Bevölkerung wie sie über die Demokratie und die Verantwortung bei Wahlen aufgeklärt wird, auch über den Kapitalismus und die Verantwortung der Kapitalanlage aufgeklärt werden muss. Da sie unsere Gesellschaft ebenso prägt und die gleiche Veränderungskraft besitzt.
Damit ruchlose Banken also nicht an unmündige Konsumenten ihre Produkte verkaufen, sollten die Konsumenten als erstes mündige werden. Ab dem Moment der Mündigkeit kann ohne Betrug nicht mehr behauptet werden, sie hätten nicht gewusst, dass sie bei höherer Rendite auch ein höheres Risiko eingehen. Dies ist der Grundsatz jeder Kapitalanlage: Solang sich der Mensch oder die Masse nicht der Emotion hingibt, stehen Rendite und Risiko in einer positiven Beziehung zu einander.
Das heißt, wenn man kein Geld verlieren will oder darf, sollte man auch nicht mehr als den risikofreien Zinssatz bzw. den Tagesgeldzinssatz bei Banken erwarten. Auch hierbei wird das Geld investiert, allerdings nicht von ihnen. Der Unterschied zu der direkten Anlage über Finanzprodukte liegt darin, dass das Risiko bei der Bank und nicht bei ihnen liegt. Die Gestaltungsmöglichkeiten ihres Kapitals im Guten wie im Schlechten liegen allerdings auch in den Händen der verantwortlichen Banker und nicht bei ihnen.
Möchten Sie selbst ihr Kapital gestalten lassen, gibt es nur drei Anlageformen in Unternehmen und damit in die Wirtschaft: Fremdkapital in Form von Anleihen, Eigenkapital in Form von Aktien und Hybridkapital (dazwischen) in Form von Wandelanleihen. Diese können sie kaufen oder verkaufen. Alle anderen Produkte, wie Derivate, Optionen, Fonds etc. sind Ableitungen dieser ersten drei Anlageformen und kann mit finanzwirtschaftlichem Wissen nachgebaut werden. Hierbei können für sie günstige oder teuere Produkte entstehen. Wenn sie ein abgeleitetes Produkt kaufen, müssen sie aber in jedem Fall wissen, wie sie dieses mithilfe der ersten drei genannten Produkte rekonstruieren können. Um den Zusatzwert des abgeleiteten Produktes zu bestimmen, müssen sie ausserdem wissen, was die Rekonstruktion für sie kosten würde.
In den meisten Fällen sind abgeleitete Produkte günstiger, als die Rekonstruktionen, da sie oft viele Transaktionen beinhalten, die als Privatperson teuer sind. Allerdings bringen sie in vielen Fällen keinen Nutzen für den Kunden. Eine einfache Anlage in eine der drei Grundformen würde ein gleiches Rendite/Risiko-Profil erzeugen mit einer wesentlich höheren Transparenz. Aus diesem Grund empfehle ich in den meisten Fällen, in die Grundformen zu investieren. Hierbei spielt das Risikoprofil des Anlegers die einzigen Entscheidungsgrundlagen. Grundsätzlich gilt für die Rendite der Grundformen eines Unternehmens:
Anleihen < Wandelanleihen < Aktien
Das heißt, das grösste Risiko liegt bei Eigenkapitalgeber, gefolgt vom Hybridkapital- und Fremdkapitalgeber. Entscheidet man sich also gegen das Tagesgeld und für eine direkte Anlage muss man wissen, welches Risiko man eingehen möchte und danach seine Anlageform wählen. Wie man das richtige Unternehmen auswählt, werde ich in zukünftigen Artikeln beschreiben.