Alles eine Frage des Wechselkurses?
Euro, Dollar, Yen, Pfund, Yuan, Franken, Peso, Rupien, Mark oder Taler – spielt es eine Rolle, wie wir den Wert von Gütern, Nutzen oder Leistung beschreiben?
Ich muss zugeben, dass der Wechselkurs für mich bei Aktien selten ein Kaufkriterium ist. In erster Line geht es mir darum, herausragende Unternehmen zu finden. Zahlen, die zur Beschreibung der Wirtschaftsleistung dienen, sind mir egal. Wichtig ist, dass sie allgemeingültig sind. Allgemeingültig bedeutet für mich, dass andere 100 Euro als die gleichen 100 Euro oder auch 120 CHF ansehen wie ich.
Vorteil grenznah zu wohnen
Anders verhalte ich mich bei Waren und Gütern. Grenznah zu Schweiz/Österreich/Deutschland zu leben hat den Vorteil zwei Währungen und drei Wirtschaftssysteme gegeneinander auszuspielen. Auffällig ist, dass trotz der gleichen Währung Österreich in den meisten Dingen stets teurer ist als Deutschland, während die Schweiz in den letzten Jahren viele Produkte mal billiger und mal teuer angeboten werden.
Daraus lässt sich nicht nur eine Erkenntnis für optimierte Schmuggelrouten 😉 ziehen, sondern auch für Aktienkäufe im Ausland: Das Wirtschaftssystem (insbesondere Steuersystem) in dem Unternehmen tätig sind, sollte genauer betrachtet werden als der Wechselkurs. Ein schlechtes Wirtschaftssystem wird die Rendite eines Unternehmens dauerhaft schmälern, während ein schlechter Wechselkurs zwar den Kaufpreis abwerten kann, die Rendite des Unternehmens selbst aber nicht schmälert.
Eine hohe Sicherheitsmarge beim Kauf von Unternehmen sollte eine mögliche Abwertung der Währung eigentlich gut verkraften. Was gute oder schlechte Wirtschaftssysteme sind, ist vom Standpunkt des Betrachters abhängig. Ich sehe in der sogenannten entwickelten Welt keine Unterschiede, die mich gänzlich von einem Unternehmenskauf abhalten würden. Trotzdem: bei zwei heutzutage identischen Unternehmen aus zum Beispiel den USA und Frankreich würde ich die US-Company trotz Wechselkursrisiko immer bevorzugen.
Wie bestimme ich, ob mein Wechselkursrisiko positiv oder negativ ist?
Ich schau mir im Normalfall die Kaufkraftparität an, das geht ganz gut mit dem Big-Mac-Index. Dabei errechnete sich für Juli 2012 EUR/USD = 1,21 – zufälligerweise auch der damalige Wechselkurs.
Big-Mac-Index
Juli 12 | ||||||
BigMac Preis (lokal) |
BigMac Preis (EUR) |
Soll Wechselkurs |
Ist Wechselkurs |
Über-/Unter- bewertung |
||
Euro area | € |
3,58 |
3,58 |
1,00 |
1,00 |
0 % |
United States | $ |
4,33 |
3,58 |
1,21 |
1,21 |
0 % |
Switzerland | CHF |
6,50 |
5,43 |
1,82 |
1,20 |
52 % |
Argentina | Peso |
19,00 |
3,44 |
5,31 |
5,53 |
-4 % |
Australia | A$ |
4,56 |
3,89 |
1,27 |
1,17 |
9 % |
Brazil | Real |
10,08 |
4,08 |
2,82 |
2,47 |
14 % |
Britain | £ |
2,69 |
3,45 |
0,75 |
0,78 |
-4 % |
Canada | C$ |
3,89 |
3,15 |
1,09 |
1,23 |
-12 % |
Chile | Peso |
2.050,00 |
3,44 |
572,63 |
596,59 |
-4 % |
China | Yuan |
15,65 |
2,02 |
4,37 |
7,73 |
-43 % |
Colombia | Peso |
8.600,00 |
3,94 |
2.402,23 |
2.183,42 |
10 % |
Costa Rica | Colones |
1.200,00 |
1,98 |
335,20 |
606,23 |
-45 % |
Czech Republic | Koruna |
70,33 |
2,76 |
19,65 |
25,47 |
-23 % |
Denmark | DK |
28,50 |
3,84 |
7,96 |
7,43 |
7 % |
Egypt | Pound |
16,00 |
2,18 |
4,47 |
7,34 |
-39 % |
Hong Kong | HK$ |
16,50 |
1,76 |
4,61 |
9,39 |
-51 % |
Hungary | Forint |
830,00 |
2,88 |
231,84 |
288,25 |
-20 % |
India | Rupee |
89,00 |
1,31 |
24,86 |
67,97 |
-63 % |
Indonesia | Rupiah |
24.200,00 |
2,11 |
6.759,78 |
11.473,83 |
-41 % |
Israel | Shekel |
11,90 |
2,41 |
3,32 |
4,94 |
-33 % |
Japan | Yen |
320,00 |
3,38 |
89,39 |
94,65 |
-6 % |
Latvia | Lats |
1,69 |
2,45 |
0,47 |
0,69 |
-32 % |
Lithuania | Litas |
7,80 |
2,26 |
2,18 |
3,45 |
-37 % |
Malaysia | Ringgit |
7,40 |
1,93 |
2,07 |
3,84 |
-46 % |
Mexico | Peso |
37,00 |
2,23 |
10,34 |
16,56 |
-38 % |
New Zealand | NZ$ |
5,10 |
3,32 |
1,42 |
1,54 |
-7 % |
Norway | Kroner |
43,00 |
5,84 |
12,01 |
7,37 |
63 % |
Pakistan | Rupee |
285,00 |
2,49 |
79,61 |
114,48 |
-30 % |
Philippines | Peso |
118,00 |
2,31 |
32,96 |
51,06 |
-35 % |
Poland | Zloty |
9,10 |
2,17 |
2,54 |
4,19 |
-39 % |
Russia | Rouble |
75,00 |
1,89 |
20,95 |
39,65 |
-47 % |
Saudi Arabia | Riyal |
10,00 |
2,20 |
2,79 |
4,54 |
-38 % |
Singapore | S$ |
4,40 |
2,89 |
1,23 |
1,52 |
-19 % |
South Africa | Rand |
19,95 |
1,95 |
5,57 |
10,25 |
-46 % |
South Korea | Won |
3.700,00 |
2,66 |
1.033,52 |
1.392,71 |
-26 % |
Sri Lanka | Rupee |
290,00 |
1,83 |
81,01 |
158,51 |
-49 % |
Sweden | SKr |
48,40 |
5,73 |
13,52 |
8,45 |
60 % |
Taiwan | NT$ |
75,00 |
2,05 |
20,95 |
36,54 |
-43 % |
Thailand | Baht |
82,00 |
2,14 |
22,91 |
38,36 |
-40 % |
Turkey | Lira |
8,25 |
3,73 |
2,30 |
2,21 |
4 % |
UAE | Dirhams |
12,00 |
2,70 |
3,35 |
4,44 |
-25 % |
Ukraine | Hryvnia |
15,00 |
1,53 |
4,19 |
9,79 |
-57 % |
Uruguay | Peso |
99,00 |
3,74 |
27,65 |
26,46 |
5 % |
Venezuela | Bolivar |
34,00 |
6,55 |
9,50 |
5,19 |
83 % |
Quelle: Economist
Heute bei 1,30 USD/EUR ist der Euro leicht überbewertet. Innerhalb von einer 10 %-Grenzen also 1,10 bis 1,33 würde ich mir aber keine Gedanken über die Währung machen. Hier ist der Wechselkurs für mich weder Kauf- noch Verkaufkriterium. Ausserhalb dieser Grenzen muss die Unter- bzw. Überbewertung des Unternehmens schon deutlich sichtbar sein.
Beispielsweise die Schweiz: Selbst bei einem fixen Wechselkurs von 1,20 CHF/EUR ist die Währung im BigMac-Vergleich 52 % überbewertet. Eigentlich gibt es zurzeit keinen vernünftigen Grund irgendetwas in Schweizer Franken zu kaufen. Insbesondere, da das Wechselkursrisiko für Euro-Anleger durch die Fixierung einseitig negativ ist.
Wie sieht es mit international-tätigen Unternehmen wie zum Beispiel Nestlé aus?
Die meisten international tätigen Unternehmen haben eine natürliche Währungsabsicherung. Unternehmen wie Coca Cola oder Nestlé, die auf der ganzen Welt produzieren und verkaufen, verdienen in allen Währungen Geld. Wenn der Euro stärker/schwächer wird, verdient man mehr/weniger in Europa. Genauso, wie wenn der Dollar stärker/schwächer wird, verdient man mehr/weniger in den USA. Oder wenn der Schweizer Franke stärker/schwächer wird, verdient man mehr/weniger in der Schweiz. Es spielt bei grossen internationalen Unternehmen also keine entscheidende Rolle, in welcher Währung sie normiert sind. Währungsgewinne/-verluste werden durch die Gewinnveränderung ausgeglichen. Beispiel Nestlé: Kauft man Nestlé zum überteuerten Schweizer Franken zum Kurs von 60 CHF mit einem Gewinn pro Aktie von 3 CHF. Schwächt sich die Währung in der Zukunft ab, werden die 60 CHF zwar weniger wert sein. Gleichzeitig wird der Gewinn, aber proportional zum Wechselkursverlust steigen. Alle anderen Variablen fixiert, sollte der Aktienkurs steigen und den Währungsverlust ausgleichen.
Fazit
Anleger sollten Wechselkursen nicht zu viel Bedeutung zukommen lassen. Wenn man ein herausragendes Unternehmen gefunden hat, sollte man den Fokus eher auf das Wirtschaftssystem legen. Eine besondere Rolle spielen grosse, international-tätige Unternehmen. Diese sind natürlich gegen Währungsrisiken abgesichert. Einzig die Bewertung des Geschäftsmodells sollte kaufentscheidend sein, nicht die Währung. Wer sich trotzdem absichern möchte, sollte Indizes zur Kaufkraftbewertung heranziehen, wie zum Beispiel den BigMac-Index.
Hi Alex, Der BigMac kostet in den Länder unterschiedlich viel. Für Österreich und Deutschland habe ich persönlich den Test gemacht 🙂 Die Daten sind von der Zeitrschrift The Economist. Die schreiben zur Eurozone folgendes: Weighted average of prices in euro area Ist natürlich jetzt die Frage, wie sie gewichten? Ich nehme an nach der Wirtschaftsleistung (GDP), so wie auch die Inflationsrate gewichtet wird. Gruss, Till
Hi Tim, ich lese deinen Blog immer wieder gerne! Weiter so! Kurze Frage zum BigMac-Index im Euroraum… ich gehe davon aus, dass ein Big Mac in Deutschland, Frankreich oder Holland einen anderen Preis hat als in sagen wir Portugal oder Griechenland. Wie wird der Preis für die Eurozone gemittelt?