Small vs. Large Caps
Value Investoren können grob in zwei Kategorien eingeteilt werden:
- Investoren, die kleinere Werte (Small Caps) bevorzugen und sich dort einen informativen Vorteil verschaffen.
- Situationsinvestoren, die lieber in grosse und bekannte Unternehmen (Large Caps) investieren, sobald diese durch besondere Umstände kurzzeitig unterbewertet sind.
Auch wenn ich Small Cap-Investoren bewundere, zähle ich mich selbst eher zu den Situationsinvestoren. Ich kaufe, wenn ein grosses und bekanntes Unternehmen in einer besonderen Situation und nach meiner Meinung kurzzeitig unterbewertet ist. Schwierig ist, die Unterbewertung zu erkennen.
Wenn man dem Markt eine gewisse Effizienz unterstellt, kann man davon ausgehen, dass dieser bei grossen und bekannten Werten meistens richtig liegt. Zu diesen Werten zähle ich die gesamte DAX-Familie. Large Caps werden vom Markt nicht übersehen: Selbst die Probleme und Pleite von Praktiker (einem SDAX-Konzern) ist ausgiebig in den Medien diskutiert worden.
Wie erkennt man eine Unterbewertung?
Situationsinvestoren werden häufig in einer kurzfristigen Überreaktion aktiv, die eine Unterbewertung hervorruft. Beispielsweise habe ich den Grossteil meiner E.On-Aktien nach Fukushima gekauft. Wer solche kurzfristigen „ungerechtfertigten“ Wertminderungen erkennen kann, kann Geld verdienen. Der Vorteil, um eine solche Investition zu tätigen, bedarf es keinem besonderen Wissen über die Branche, o.ä., lediglich der festen Überzeugung, dass der Markt gerade falsch liegt und ein grundsätzliches Verständnis vom Unternehmen.
Alternativ können Value Investoren auch Unterbewertungen erkennen, indem sie einen überlegenden Informationsvorsprung haben. Dieser Informationsvorsprung kann durch tiefere Kenntnisse der Branche oder einem besseren Verständnis der geschäftlichen Zusammenhänge zustande kommen.
Wieso sind Small Caps doch interessant?
Dieser überlegende Informationsvorsprung ist einfacher bei „Small Caps“ zu bekommen. Kleinere Unternehmen bieten einige Vorteile, die einem Investor nicht direkt ins Auge springen. Ein kleines Unternehmen ist meistens einfacher zu verstehen als ein grosser, globaler Player. Ebenso ist es einfacher, Kontakt zu dem Unternehmen aufzunehmen. Grosse Unternehmen reagieren meist nur mit Auszügen aus dem aktuellen Geschäftsbericht, wenn ein kleiner, privater Investor eine Frage an das Investor Relations stellt.
Um diese Problem elegant zu umgehen, gebe ich mich als Fondsmanager aus. Der ich bin, auch wenn es nur einen einzigen Anleger gibt. Mich! Wenn man jedoch bei einem kleineren Unternehmen anruft und nach einem Gespräch fragt, wird man vielleicht direkt zu dem CFO durchgestellt. Diese Unternehmen bekommen selten Anfragen von Aktionären und reden gerne über sich selbst. Durch den einfacheren direkten Zugang zu den Small Caps und den eher spärlichen öffentlichen Informationen, ist es möglich, sich einen Informationsvorsprung zu erarbeiten, den andere potentielle Investoren nicht haben und auch nur schwer erreichen können.
Fazit
Obwohl kleine Unternehmen die oben genannten Vorteile bieten, setze ich mich zu selten mit diesen auseinander. Der Hauptgrund ist die Furcht, meine Hausaufgaben nicht gründlich zu machen und das Geschäft nicht zu verstehen. Bei grossen Unternehmen habe ich eine Vielzahl von bestehenden Meinungen, um meine eigene zu überprüfen. Meine Homepage sollte eigentlich dazu dienen, mir eine Möglichkeit zu schaffen mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten und vorurteilsfrei auch kleinere Unternehmen zu analysieren und zu diskutieren. Zurzeit nutze ich diese Möglichkeit aber noch nicht genug. In Zukunft versuche ich mich hier zu verbessern.
Wie seht ihr das? Traut ihr euch die Investition in kleinere Unternehmen zu oder bleibt ihr lieber bei den grossen? Ich freue mich auch eure Kommentare.
(Inspiriert von Nate Tobiks „Why small caps?“)
Sehr interessanter Beitrag. Explizit habe ich mir über die verschiedenen Ansätze des Value Investing keine Gedanken gemacht. Ich habe aber in meiner [url=http://www.sfg-value.de/ressorts-2/beobachtungsliste]Beobachtungsliste [/url]auch drei verschiedene Arten von Unternehmen, die ich unterschiedlich bewertet: Evergreens, Zweite Reihe und der Rest. Evergreens sind Unternehmen, die ich gerne in meinen Portfolio auf Lebzeiten habe. Hier kaufe ich oft bei einfachen Rücksetzern ohne eine grosse prozentuale Margin of Safety. Sie stellen für mich eine Art Eigenkapitalanleihe dar. Sicher und durch Dividenden gut verzinst. Zweite Reihe sind Unternehmen, die man vielleicht als typischer Value Investor beobachtet. Hier warte ich tatsächlich auf signifikante Margin of Safeties. Der Rest sind Unternehmen, die vielleicht eher in den Bereich Spekulation fallen. Hier habe ich eine Idee und warte auf bestimmte Situationen um damit Geld zu verdienen. Am meisten verdient habe ich bisher mit den Evergreens. Die Zweite Reihe und der Rest sind mit Gewinnern und Verlierern ziemlich ausgeglichen, wobei ich unterm Strich mit einigen wenigen Gewinnern Indus und Gagfah sehr viel gewonnen haben und deswegen auch dieser Teil meines Portfolios insgesamt im Plus ist. Die Idee, wie man sich mit unterschiedlichen Unternehmen unterschiedlich auseinandersetzt, finde ich sehr gut. Ich werde sie auf meine Ideenliste für Artikel setzen.
Nachtrag: Bei einem Analyse meines Depot und der Erfolge und Misserfolge der letzten Zeit fiel mir auf, dass ich je nach Investitionsansatz anders vorgehe: 1. Unterbewertete langfristige Wachstumswerte: Nebenwerte aus Europa, nicht Deutschland. In Europa lassen sich derzeit einige gute Perlen im Nebenwertebereich finden, die die Börse auch früher oder später entdeckt. Bei Large Caps finden sich hier m.E. deutlich weniger massive Unterbewertungen. 2. Entdeckungen: Unternehmen, die in Bilanz und frühanzeigenden Kennzahlen eine Neubewertung versprechen: Nebenwerte bevorzugt aus Deutschland. Hier hilft die auch sprachliche Nähe zu den Unternehmen, diese Entwicklung gut abzuschätzen. Damitist es möglich, einen Erkenntnisvorsprung zu gewinnen. (Wissensvorsprung geht ja seriös kaum, wenn man nicht auf Insiderinfos zurückgreifen kann und will.) 3. Zykliker, schlingernde Unternehmen, Turn-Around-Stories: Hier habe ich bei Large Caps eine deutlich bessere Trefferquote als bei Nebenwerten, so dass ich mich zukünftig noch stärker auf Large Caps konzentrieren will. Die breite Berichterstattung ist bei großen Unternehmen gut genug (für mich), um eine gute Einschätzung von Bilanz, Potential und innewohnenden Risiken der Unternehmen zu ermöglichen. Die breite öffentliche Darstellung der Probleme wirkt sich aber auch zuweilen besonders belastend auf die Aktienkurse aus. Bei kleinen Unternehmen ist gerade in diesem Bereich die Gefahr versteckter unliebsamer Bomben deutlich größer. Wie sieht es aus, willst du mal deine Sicht der Dinge zu verschiedenen Ansätzen des Value-Investing (und der dafür geeigneten Art von Unternehmen) aufschreiben?
> @Roger: Dein 4. Punkt impliziert jedoch auch das entsprechend gegenläufige Verhalten im Vergleich zu > großen Aktien aggressivere Negativreaktionen bei schlechten Zahlen. Stimmt. Deshalb ist mir als Value Investor auch eine Safety Margin wichtig, als Sicherheit gegen unerfreuliche Unternehmensergebnisse. > Jeder sollte man sein Depot gegen einen ausgewogenen Index stellen und vergleichen, ob der tatsächlich > und langfristig einen Weltindex schlagen kann. Ich stelle mich gegen den DAX. Die Outperformance ist nicht grandios, aber ich kann einigermaßen mithalten. Und was das preiswerte Mithalten mit Weltindizes z.B. via passiver ETF-Fonds oder so angeht: Ende 2009, alle Welt empfahl Anlagen in BRICS-Ländern, habe ich eine Watchlist mit diversen, möglichst passiven ETF-Fonds zusammengestellt. Relativ viel auf Indizes der BRIC-Staaten, etwas auf Weltindizes, etwas auf deutsche Indizes. Diese Watchlist hat sich in 3,8 Jahren um zusammen weniger als 10% entwickelt. Zum einen trägt die enttäuschende Entwicklung der BRIC-Börsen dazu teil, aber selbst bei passiven Fonds kommen Gebührenabschläge ins Spiel, teilweise werden bei Performance-Indizes die Dividendenausschüttungen nicht einberechnet etc. pp. Bei aktiv gemanagten Fonds sieht die Performance im Vergleich zu den Indizes oft noch viel schlechter aus, nicht zuletzt wegen der deutlich höheren Gebühren. > Value Investing hat IMHO nichts mit Informationsvorsprung zu tun. Ich denke schon. Im eigenen Land/Kontinent bekommt man eher mit, ob etwas ein Gerüchle hat oder nicht. Derzeit werden viele China-Aktien an deutschen Börsen zu optisch brutal niedrigen Preisen gehandelt. Ich würde sie trotzdem nicht kaufen, weil ich schlicht nicht einschätzen kann, wie seriös das Geschäft vor Ort, wie werthaltig der Besitz, wie glaubhaft das erwartete Wachstum etc. pp. ist. Falls etwas arg böse schief läuft, erfährt man es hier als letztes. Ja, ich sage das als gebranntes Kind, ich habe mein Lehrgeld mit asiatischen Aktien gezahlt. 🙁 In Deutschland und (mit Abstrichen) in Europa gelingt es mir deutlich besser, günstige Unterbewertung (value) und potentiellen Betrug auseinanderzuhalten. Hier findet man beispielsweise eher mal einen Artikel, der einen (ganz aktueller Fall) vor den Aktien im Umfeld eines Förtsch warnt: http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/mister-dausend-bernd-foertsch-investor-mit-mysterioesem-geldkreislauf-seite-all/8681070-all.html Aber was weiß ich, was die koreanische, chinesische oder singapurianische Presse über dortige Firmen aufdeckt? Solange es nicht auf Englisch veröffentlicht wird, kommt die Warnung wahrscheinlich bei mir nicht an. Das ist ein massiver Informationsrückstand.
@Roger: Dein 4. Punkt impliziert jedoch auch das entsprechend gegenläufige Verhalten im Vergleich zu großen Aktien aggressivere Negativreaktionen bei schlechten Zahlen. Ich persönlich denke nicht, dass bei kleinen Firmen ein Informationsvorsprung tatsächlich möglich ist. Bei größeren und großen Werten überdies auch nicht. Außer natürlich, man ist Insider oder kennt Insider, die in kleinen Firmen natürlich deutlich tieferen Einblick haben können. Aber: Value Investing hat IMHO nichts mit Informationsvorsprung zu tun. Jeder sollte man sein Depot gegen einen ausgewogenen Index stellen und vergleichen, ob der tatsächlich und langfristig einen Weltindex schlagen kann. Wenn ja, dann sollte derjenige dringend einen Fond aufmachen und von seinem glücklichen Händchen leben. Allen anderen empfehle ich persönlich eher breit zu investieren, da kein Mensch sicher prognostizieren kann, welcher Markt und welche Region als Nächstes abgeht oder einbricht. Für meine Kinder investiere ich persönlich beispielsweise in ein Weltportfolio aus Indexfonds und als Ruhepol in den Arero-Fond (arero.de). Interessant ist, dass diese Strategie zwar nur indexkonform laufen kann aber unter dem Strich gegenüber dem Spielgeldportfolio kaum Unterrenditen erwirtschaftet.
Ich investiere gerne in kleinere Aktien. 1. Gute Aktien werden leichter übersehen 2. Informationsvorsprung ist eher möglich 3. Geschäftsmodell ist oft schlanker und damit leichter zu verstehen. 4. Kleinere Unternehmen entwickeln sich oft besser als größere Dickschiffe. Man Vergleiche DAX versus MDAX/SDAX in diesem Jahr oder einfach den langfristigen Stand des MDAX (14.400) und DAX (8.200) – Wohlgemerkt, beide starteten zum gleichen Zeitpunkt bi 1.000 Punkten. Allerdings beschränke ich mich bei kleineren Werten auf Deutschland und Europa. In Amerika und Asien schlägt der Informationsverlust aufgrund weiter Entfernung zuweilen brutal zu. Man kann die (kursbestimmende) Stimmung vor Ort schlechter erkennen, nimmt wichtige Warnzeichen nicht oder nur unzureichend wahr, versteht die nationale Aktienkultur u.U. nicht gut genug.
Seit der Zeit des Neuen Marktes habe ich keine Small Caps mehr angefasst. Ich kaufe nur Weltkonzerne die im schlechtesten Fall (ohne Kurssteigerungen) wenigstens eine konstante und sichere Dividende abwerfen. Dabei achte ich darauf, dass die Einstandsdividendenrendite um die 3 – 4 % ist. Das ist auch ein gewisser Schutz vor dauerhaften Kursverlusten. Das Anlageuniverum ist meiner Meinung nach für solche Titel groß genug. DAX, Dow Jones, S&P 500, FTSE, SMI, Eurostoxx 50 bieten für mich genug Auswahl. Finde es bei diesen großen Unternehmen schon schwer genug die Gewinner auszuwählen. Bei Small Caps müsste man viel bessere Branchenkenntnisse haben und ist auch mehr Spielball der unvorhersehbaren Ereignisse. Die großen Unternehmen existieren meistens schon recht lange und haben bewiesen, dass sie einen gewissen Wettbewerbsvorteil haben. Ein sehr wichtiger Punkt für langfristig orientierte Anleger. Bei einer E On hätte ich auch nach Fukushima nicht zugegriffen. Einfach weil die weitere Entwicklung nicht absehbar ist. Die weiteren Kosten sind astronomisch. Kernkraftwerke müssen zurückgebaut werden. Die Endlager-Frage ist nicht geklärt (auch wer die Kosten dafür übernehmen soll). Das Business ist dazu zu kapitalintensiv und politischer Willkür ausgesetzt. Alles K.O. Kriterien für Buffett. Die enormen Schulden…Früher hätte ich auch gedacht: Strom braucht man immer. Der Verbrauch steigt ja sogar durch Riesenfernseher und weiterer Elektronik. Autos sollen irgendwann mit Strom fahren… habe jetzt oft erlebt: obwohl die Story stimmt ist dies für Anleger kein gutes Investment. Das erinnert mich auch an Buffett, der gesagt hat: obwohl Autos die Gesellschaft enorm verändert haben und sich massenhaft durchsetzten waren die Autohersteller kein gutes Investment. Dasselbe gilt für Fluggesellschaften. Mein Vater ist seit über zehn Jahren an einem Unternehmen beteiligt das Fischzuchtanlagen baut. Auch hier: obwohl die Story stimmt (die Meere sind leergefischt, enorme Nachfrage nach Speisefisch und Kaviar) hat er nicht einen Euro Rendite gesehen. Weder in Form von Dividenden noch Kurssteigerungen. Habe das Gefühl, dass bei Small Caps noch viel mehr vom Glück abhängt als bei den großen Unternehmen. ProSiebenSat1 hätte pleite gehen können, sie haben das Ruder rumgerissen und stehen heute bei 31 €. Sky, könnte pleite gehen oder auch nicht. So ist das bei vielen Titeln in M- und S-Dax. Also ich gehöre definitiv zur zweiten Gruppe: Situationsinvestor, die lieber in grosse und bekannte Unternehmen investiert sobald diese durch besondere Umstände kurzzeitig unterbewertet sind. Gruss
Situationsbedingtes Investieren könnte man auch mit Stichworten wie Ausnutzen von Sondersituationen, konträres Investieren oder Spekulation auf eine Normalisierung der Bewertung (Reversion to the Mean) umschreiben. Damit ist schon gesagt, dass hier fehlbewertete Aktien gesucht werden, wobei das Sentiment berücksichtigt wird und auch die Spekulation auf einen Kursverfall bei Überbewertung möglich ist. Der Value-Anleger hingegen kommt nach Analyse der Fundamentalkennzahlen und einer Prognose zum Geschäftsverlauf zum Ergebnis, dass eine Aktie unterbewertet ist. Beide Strategien sind insofern 2 Seiten einer Medaille, wie ich hier auch geblogt habe: http://www.de.sharewise.com/finanznachrichten/67933-_-Covacoro und ich denke auch, dass man situationsbedingtes Investieren nicht auf Large Caps einschränken muß. Manchmal ergeben sich gerade bei Mid und Small Caps gute konträre Investments.
Ich investiere in beides, wobei ich in große nicht nur Investiere wenn sie grade kurzfristig abgestraft wurden, sondern auch wenn ich sie ingesammt für attraktiv bewertet halt. Auf strake Kursstürtze habe ich eiegntlich erst 2 mal reagiert einmal habe ich YUM Brands gekauft noch dem Flieschskandel in China, und jetzt grade erst K&S nach dem mMn übertriebnen Kursverfall, allerdings hatte ich dort vorher Rücksprache mit Leute gehabt die Jahrzehntelang im Landhandel gearbeitet haben, die also auch den Düngermarkt kennen. Ich investiere aber auch in Microcaps z. B. in die CCP AG, die sicher den Nachteil hat sehr auf ein Produkt fokusiert zu sein, aber sehr gut Dividende abwirft und eine soldie Bilanz hat.
Ich meine mit der Aussage tatsächlich zu einem gewissen Grad Branchenwissen im Sinne von Expertenwisse. Wobei ich mit dem Wort Experte vorsichtig bin. Viele sogenannte Experten sind oft in ihrer Expertensicht beschränkt. Deswegen rede ich von besonderem Wissen, das kann übrigens auch Insiderinformation oder irgendein besonders tiefgehendes Verständnis für das wichtigste Produkt oder den Markt sein – der ambitionierter Hobbyfotograft, der die neusten Modelle von Nikon kennt oder ein Angestellter im Einkauf einer grossen Agrargenossenschaft, der den Absatz von John Deer Geräte einschätzen kann. Diese Personen können u.U. auch ohne eine besondere Situation grosse Unternehmen besser bewerten als der Markt selbst. Zudem ist es Wissen, welches ich durch öffentliche Informationen nicht erreiche. Für alle anderen Investoren gilt, nach meinem Gefühl, dass man warten muss, bis eine Situation eintritt, die eine mögliche Fehlbewertung hervorruft. E.On und Fukushima waren so ein Beispiel oder auch BP nach der Krise im Golf von Mexiko. Hier wäre eine Investition nach heutiger Sicht direkt nach Deepwater Horizon gerechtfertigt gewesen. Meine Investition in E.On ist dagegen bisher nicht von Erfolg gekrönt. Aus meiner Sicht reicht für solch eine Investmentstrategie tatsächlich ein grundlegendes Verständnis, dass Fukushima/Deepwater Horizon keinen Einfluss auf den deutschen Stromabsatz/BPs Ölgeschäft hat, aus. Man muss kein „Experte“ sein um hier die Panik am Markt zu spüren und zu investieren und mit Einschränkung auch nicht tiefer forschen. Der Grund ist, dass ich überzeugt bin, dass man mit grossen Konzernen auch mit einer tiefgehenden Analyse keine Outperformance kreieren kann, da der Markt in seiner Bewertung Recht hat. Um gleich kritischen Fragen zu E.On zuvorzukommen. Ich habe mich nach meinen Investment eingehender mit E.On beschäftig. Halte mich nicht für eine „Experten“. Sehe die Situation in Deutschland mit den grossen Energiekonzernen aber als besonders an. Ich glaube deshalb tatsächlich an eine Fehlbewertung auch ohne, dass ich den Markt, die Produkte und das Unternehmen E.On besser kenne, als die meisten Analysten.
Diese Aussage zu den Large Caps, finde ich bin bisschen gefährlich. Wer solche kurzfristigen „ungerechtfertigten“ Wertminderungen erkennen kann, kann Geld verdienen. Der Vorteil, um eine solche Investition zu tätigen, bedarf es keinem besonderen Wissen über die Branche, o.ä., lediglich der festen Überzeugung, dass der Markt gerade falsch liegt und ein grundsätzliches Verständnis vom Unternehmen. Wo nimmst du denn die feste Überzeugung her, wenn du kein besonderes Wissen über die Branche hast? Oder meinst du mit besonders wirkliches Expertenwissen? Dann kann man drüber diskutieren, wie viel Wissen notwendig ist. Ich habe z.B. bei E.on nach Fukushima nicht zugegriffen, auch wenn mir mein Bauch etwas anderes gesagt hat, weil ich rational betrachtet, nicht genug über die Branche und das Unternehmen verstehe, um mir rauszunehmen, dass die anderen Marktteilnehmer einfach nur in Panik übertreiben. Auch heute kann ich bei e.on noch nicht wieder ein stabiles nachvollziehbares Geschäftsmodell erkennnen. Unabhängig davon kann ich deine Überlegungen schon nachvollziehen und als Kompromiss dazwischen bevorzuge ich inzwischen Midcaps zwischen 100 Mio. Euro und wenigen Mrd. Börsenkapitalisierung. Die sind etwas kleiner und dadurch meistens mit weniger Aufwand zu analyisieren als die globaeln Riesen, es beschäftigen sich weniger Analysten damit, aber es gibt welche mit denen man die eigenen Erkenntnisse abgleichen kann. Außerdem habe diese Firmen meistens schon ein professionelles Investor Relations mit entsprechend brauchbaren und zeitnahen Informationen. Ich investieren auch mal in kleinrere und in größere Unternehmen, aber schwerpunktmäßig fühle ich mit den midcaps ganz wohl.
Der investigative Arbeitsaufwand bei der Bewertung eines Unternehmens ist im Prinzip bei großen und kleinen Gesellschaften gleich. Man muss sich halt durch den Geschäftsbericht wühlen und neben den reinen Zahlenkolonnen auch die Informationen zwischen den Zeilen herausfiltern. Kleinere Gesellschaften veröffentlichen weniger Berichte (Geschäftsbericht und zumeist Halbjahresberichte), waährend die Großen auch noch Quartalsberichte vorlegen. Deren Aussagekraft – was die Zahlen angeht – halte ich für überschaubar. Große Unterschiede gibt es allerdings bzgl. der Meinungen und Bewertungen der Berichte, die bei DAX-Konzernen vielfältig und häufig sind, bei Smallcaps eher selten. Man muss hier also sehr viel mehr nachdenken, andererseits fällt es leichter, nicht einfach nur dem Mainstream zu folgen (es gibt ja nicht wirklich einen). Der entscheidende Unterschied ist meines Erachtens das unternehmerische Risiko. Wenn ein kleines Unternehmen, das nur ein oder zwei Produkte oder Sparten hat, in Probleme gerät, kann dies schnell existenzbedrohend werden. Bei großen Konzernen müssen hierfür schon mehrere Faktoren zusammenkommen. Wichtig ist also, auf den Verschuldungsgrad und die liquiden Mittel zu achten, die sind der Risikopuffer des Unternehmens. Der Buchwert selbst hilft bzgl. der Liquidität nicht, wenn er in Sachanlagen feststeckt. Wie bei einer Eon, die viel Geld in Kraftwerken liegen hat, die nicht mehr profitabel sind und daher Abschreibungsbedarf auf die möglichen Restwerte erzeugen als auch keine Erträge mehr liefern. Evtl. zum Bau aufgenommene Kredite müssen aber weiter bedient werden. Oder das Preisproblem, das K+S jüngst getrofffen hat. Dabei hilft dem Unternehmen seine Größe oder seine DAX-Zugehörigkeit auch nicht weiter. Und mehr Fakten gibt es auch nicht, nur mehr Bewertungen und Meinungen. Insofern sollte man wohl beide Aspekte berücksichtigen: größere Werte als Basis, um einen stegigen Rückfluss von Dividenden zu gewährleisten und ein solides Fundament zu haben, und ein paar Small- und Midcaps für die Performance. Quasi als Salz in der Suppe. Sieht man sich eine Lanxess an, hat die als Midcap hervorragend performt und als DAX-Wert ist die Luft raus. So ging es ja schon diversen (deutsche) Werten vor und nach dem DAX-Aufstieg. Wer also nur auf die 30 Großen setzt, verpasst oftmals die beste Phase der Unternehmen…