Welche Fähigkeiten sollte man als Investierende im heutigen Markt mitbringen?
Aufgrund des niedrigen Zinses, der Vielzahl an neuen Investierenden, der Menge an Geld und der allseits vorhandenen Informationsdichte, ist meine These, dass es in den letzten Jahren vom Schwerpunkt her andere Investment-Fähigkeiten als in der Vergangenheit brauchte.
Früher lag der Fokus der Investierenden auf der Informationssuche, um akkurate Schätzungen über die zukünftige Entwicklung des Geschäfts zu treffen. Hierbei gab es zyklische Unternehmen, bei denen einem die Kenntnis über die Konjunktur geholfen hat, oder gradlinigere Geschäftsmodelle, bei denen es von Zeit zu Zeit zu Veränderungen kam und wo es darauf ankam, abzuschätzen, ob diese Veränderungen temporär oder dauerhaft waren. In kurz: man brauchte die Fähigkeit zukünftigen Cash-Flow richtig zu bewerten. Die letzten Jahre reichte diese Fähigkeit aber nicht mehr aus, um eine außergewöhnliche Performance zu erzielen.
Es geht darum die richtige Zukunft vorherzusagen.
Nach meiner These ist die profitabelste und schwierigste Aufgabe eines Investierenden momentan, die richtige Zukunft vorherzusehen. Dabei ist die Fähigkeit, eine möglichst genaue Prognose zu treffen, aus meiner Sicht von einer geringeren Bedeutung als richtig zu liegen. Die Gesellschaft befindet sich an so vielen Punkten im Umbruch, wie wir es seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gesehen haben. Dies betrifft nicht nur den Klimawandel und den technologischen Wandel, sondern auch die Veränderung der Weltmächte innerhalb der Globalisierung (insbesondere China und die USA: der eine scheint sich mehr nach außen, der andere mehr nach innen zu konzentrieren).
In so einem Marktumfeld, in dem darüber hinaus eine Vielzahl von schnell wachsenden, disruptiven Unternehmen mit sehr hohen Bewertungen gehandelt werden, sind die möglichen Ausgänge vielseitig – von absoluter Marktbeherrschung bis zur Pleite ist alles möglich. Es ist von größerer Bedeutung zu sehen, wer den Markt in fünf Jahren beherrscht und wer verschwinden wird, als die Fähigkeit zu haben, die Geschäftsentwicklungen der nächsten fünf Jahre möglichst genau vorhersehen zu können. Anders gesagt: sich zwischen 1 und 0 zu entscheiden, als zu wissen, wie die 1 genau aussehen wird.
Wenn man es schafft, eine Handvoll Unternehmen zu wählen, aus dem eines ein Superstar-Unternehmen wird (wie bspw. Tesla), verspricht das eine höhere Performance, als eine Handvoll Unternehmen auszuwählen, die sich etwas besser als der Markt entwickeln.
Stimmt die These?
Ehrlicherweise tue ich mich mit dieser Aufgabe schwerer. Und ich bin mir auch noch nicht sicher, ob die Fähigkeit Superstar-Unternehmen zu finden, wiederholbar ist. Eine der prominentesten Vertreterinnen dieses neuen Investmentstils ist Cathie Wood von Ark Invest, die sinngemäß sagt, sie wählt den wahrscheinlichsten Gewinner unter neuen disruptiven Unternehmen und Branchen. Ihre Performance beginnt 2014 und ihre Outperformance gegenüber vergleichbaren Technologie ETFs, wie IShares Russell Growth 2000 oder VGT (Vanguard Technology ETF), resultiert in erster Linie aus ihren Investments in Bitcoin und Tesla (Quelle: Cathie Wood: Deep Dive Into Her 20+ Year Performance History). Auch alle anderen Vertretenden dieses Investmentstils kommen aus den letzten fünf bis sechs Jahren. Es wird spannend zu sehen, ob diese Investierenden eine ähnliche Performance in den nächsten fünf bis sechs Jahren einfahren oder nicht.
Was ist euere Meinung?
Nochmals zu Trendfolgestrategien:
Früher habe ich Indizes dergestalt verbessert habe indem ich alle Titel in einem Abwärtstrend aussortiert habe.
Ab Seite 67 hat hier jemand diese frühere Anlageidee von mir umgesetzt die in der Vergangenheit anscheinend auch gut funktioniert hätte:
Fällt ein Indexwert des Nasdaq 100 unter die 200-Tage-Linie wird der Wert verkauft und der Verkauserlös bar gehalten.
https://assets.portfoliojournal.de/portfoliojournal/2021-06/download/Portfolio_Journal_2021-06.pdf
Steuern und Gebühren sind wohl nicht berücksichtigt (ich erhalte in Deutschland den Verkaufserlös nur nach Steuerabzug was ggf. zu wenig für den zukünftigen Rückkauf ist).
Kennst Du eine Datenquelle aus der man das Unterschreiten beispielsweise der 200 – Tage – Linie der Werte eines Index börsentäglich ersehen kann?
Eine Zeit lang habe ich das manuell ermittelt.
Erneut Danke für Deine Antwort und Gedanken!
Eine weitere Frage an Dich als Value Investor: ich hoffe Du kennst die drei großen japanischen Reedereien Nippon Yusen (NYK-Line), Mitsui O.S.K. Lines sowie Kawasaki Kisen Kaisha (K-Lines). Infolge der stark ansteigenden Seehandelsaktivität wegen der Coronakrise konnten diese für 2021 (abweichendes Wirtschaftsjahr zum 31.03. in Japan) Traumgewinne einfahren und haben aktuell nach vielen ertragsarmen bzw. Verlustjahren nach Vervier- bis Versechsfachung (besser als Softbank ) trotzdem nur KGV´s im niederen einstelligen Bereich (K-Lines beispielsweise von 2 / zwei !!!) was eben auch heißt daß der Markt nicht daran glaubt, daß dieses Gewinnniveau dauerhaft ist. Also keine wilde Wachstumsstory sondern einfaches und kapitalintensives Geschäft was sich nach langjährigem Niedergang nun kurzfristig enorm lohnt. Wie konnte nun ein Value Investor dies ab Mitte 2020 rechtzeitig erkennen um davon zu profitieren? Der Witz ist zudem auch daß es japanische Unternehmen sind und ich habe jenseits von russischen Stahlwerken und Rohstoffkonzernen keine Unternehmen gesehen, die derart extrem preiswert bewertet sind?
https://www.finanzen.net/bilanz_guv/nippon_yusen_kk_(nyk_line)
https://www.finanzen.net/bilanz_guv/mitsui_osklines
https://www.finanzen.net/bilanz_guv/kawasaki_kisen_kaisha
Ich kenne die Unternehmen, bzw. habe mich mal länger mit Kintetsu World Express (9375) beschäftigt. Letztendlich verkauft man Commodities, d.h. jeder verkauft das gleiche und man ist vollständig vom Marktpreis abhängig. Solche Unternehmen sind normalerweise „günstig“, wenn sie teuer aussehen (im für sie konjunkturellen Tief), und „teuer“, wenn sie günstig aussehen (im für sie konjunkturellen Hoch). Dann sollte man schauen, welches der Unternehmen die günstigsten Kosten hat, d.h. neuste Schiffe oder im Fall von Kintetsu gar keine eigenen Schiffe und wenig Schulden, damit man das Konjunkturtief durchsteht. Ist weniger ein klassischer Value Ansatz sondern geht mehr in Richtung Contrarian. Ich mache das eigentlich nicht, kann aber den Ansatz gut nachvollziehen.
Zu K-Lines: Ich habe kurz das Income-Statement aufgemacht, da sieht man, dass man auch im letzten Jahr kein operativen Gewinn (EBIT -20 Mrd. JPY) einfahren konnten und dann kommt ein Gewinn auf ein Equity Invest. von 200 Mrd. JPY oder ca. 50% der Marktkapitalisierung. Ich habe jetzt nicht nachgeguckt, was dieser außerordentliche Gewinn ist, aber ich denke, er es nicht wiederholbar. Also kein No-Brainer. Ich denke der Markt liegt zu 99% richtig mit seinen Einschätzungen. D.h. um ein gutes Investment zu finden, muss man heute 100 Steine umdrehen. Das ist auch ungefähr meine Quote von Firmen, die ich mir angucke und dann welche zu einem Invest kommen.
Ich habe auch gesehen daß für 2021 ein Großteil des Ertrags bei allen Unternehmen aus außerordentlichen Erträgen stammt ähnlich den zinssenkungsbedingten Zuschreibungen auf Immobilien bei Immobiliengesellschaften. Im Grunde existiert jedes Jahr eine enorme Diskrepanz zwischen dem operativen Ergebnis – also dem was im normalen Geschäft verdient wird – und dem Ergebnis vor Steuern. Vielleicht hängt das an der momentan hohen Frachtkostenrate, siehe den Baltic Dry Index. Wahrscheinlich wurden in der Vergangheit Schiffe außerordentlich abgeschrieben da deren Ertragspotential bei sinkenden Frachtraten gleichfalls gesunken ist. Aktuell bei steigenden Frachtraten ist glücklich eine Zuschreibung möglich da man mit demselben Schiff nun wieder mehr verdienen kann.
Vielen Dank für Deine Antwort!
Ich habe Dir das originale Interview mit Friedrich Karl Flick aus dem Jahr 1998 verlinkt. Er hatte zu dieser Zeit ein Portfolio von 45% Aktien (45% Amerika, 50% Europa, 5% Asien), 45% Anleihen und 10% Immobilien. Im Grunde war er damit zu dieser Zeit noch etwas konservativer aufgestellt als der norwegische Pensionsfonds. Ähnlich wie beim norgewischen Pensionsfonds werden die zinssenkungsbedingten Aufwertungsgewinne der Anleihen einen großen Teil der Kursverluste des Aktienteils während der Dot – Com Krise von 2000 bis 2003 wett gemacht haben. Intreressant ist auch daß er als privater Investor nichts mehr mit der damaligen Fusion von Daimler und Chrysler zu tun haben wollte: „Außerdem setze ich nicht zuviel auf eine Karte, sondern streue mein Geld lieber weltweit auf verschiedene Branchen und Märkte.“ Der 20 Jahre ältere Chrysler – Investor Kirk Kerkorian war damals ungefähr ähnlich reich wie Friedrich-Karl Flick, hat aber durch die Finanz- und Wirtschaftskrise später ungefähr 70% seinen Vermögens verloren und konnte diesen Verlust bis zu seinem Tod nicht wieder aufholen.
Nochmals zum passiven Investieren: schau Dir einmal in Forbes die Vermögensentwicklung beispielsweise von Rolf Gerling, Otto Happel oder eben auch von Carl Icahn an: mit einem passiven 70 / 30 Weltportfolio seit 2012 wären diese heute weit wohlhabender. Alle haben jahrzehntelange Kapitalmarkterfahrung und Zugang zu den besten Fachleuten und Expertise die für Geld zu kaufen ist. Gerade Carl Icahn eilt der Ruf eines Superinvestors voraus was in früheren Zeiten durchwegs zugetroffen hat. Stolz hat er vor Jahren getwittert seine Apple oder Netflix – Aktien verkauft zu haben obwohl sich diese seither weiter vervielfacht (x 5) haben sowie viele Milliarden Dollar mit fehlgeschlagenen Leerverkäufen und gescheiterten Investitionen (beispielsweise Hertz) verloren.
Prominente Investoren die nach Deiner Superstar – These einen hohen Vermögenszuwachs erzielt haben sind die Strüngmann – Brüder mit ihrem Investment in das Biotechnologieunternehmen Biontech. Nach dem Verkauf der Hexal – Werke 2007 ist deren Vermögen zunächst nicht größer gewachsen auch in Relation zu marktbreiten Indizes. Dafür wurden Fehlinvestitionen in Branchen außerhalb von deren Kompetenzkreis bekannt wie IVG Immobilien, Conergy Solar oder dem Bekleidungshersteller Strenesse.
Die Investition in Biontech hätte sich ohne die Corona – Pandemie wahrscheinlich nie derart gut rentiert wie es nun geschehen ist. Interessant in dem Zusammenhang ist daß von Anfang an darauf geachtet wurde in eine zukunftsweisende Technologie und nicht in ein einzelnes Produkt zu investieren. Im Falle eines Mißerfolgs wären nur wenige Prozent des Vermögens zum Zeitpunkt der Erstinvestition gefährdet oder verloren gewesen.
https://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/a-584088.html
Im Grunde ist dieser Investitionsstil vergleichbar wie ein Privatinvestor der überwiegend passiv investiert jedoch ein paar Prozent seines Kapitals in Kryptowährungen anlegt.
Soweit mir bekannt ist benutzen professionelle Investoren heute Handelssoftware die einen großen Teil der finanziellen wie auch nichtfinanziellen Daten automatisiert auswerten. Damit lassen sich jedoch nur kurzfristige Erfolge erzielen. Die zukünftigen Gewinnerunternehmen der nächsten Dekaden bei denen es sich lohnen würde jahre- oder ggf. jahrzehntelang daran festzuhalten (siehe Link) findet man damit nicht. Erfolgreiche Investoren in den Social Trading Plattformen halten ebenfalls den überwiegenden Teil ihres Depotbestands nicht sehr lange wie man dies aufgrund der bisher erzielten Renditen abschätzen kann und es gibt selten Einzelwerte in welche diese seit Beginn ihrer Tätigkeit auf einer Plattform investiert sind auch wenn die Anmeldung bereits viele Jahre zurückliegt.
Der Erfolg von Jan Beckers im letzten Jahr zeigt daß man um im heutigen Kapitalmarktumfeld Erfolge zu erzielen tatsächlich viel handeln muß auch wenn dies für die meisten privaten Investoren längerfristig kontraproduktiv ist.
Auf jeden Fall danke für Deine Antwort und Gedanken!
Was heute auch noch funktioniert ist daß man anstatt selbst zu investieren populäre Investitionsmöglichkeiten für die Allgemeinheit schafft (IPO oder ICO) wie in dem verlinkten Artikel beschrieben.
Was längerfristig immer funktioniert ist der passive Investmentansatz. Kostengünstig durchgeführt wird man dergestalt nach ein bis zwei Dekaden zu dem oberen Drittel der Investoren mit der besten Rendite zählen von ca. 5% bis 7% p.a.. Das klingt vordergründig nach wenig gilt aber als Durchschnitt für jedes Anlagejahr. Bei einer Rendite von 7% p.a. verdoppelt sich ein Kapital alle 10 Jahre. Selbst Staatsfonds, Family Offices und Milliardäre investieren dergestalt:
https://www.sueddeutsche.de/politik/zufrieden-mit-vier-prozent-rendite-klingt-wenig-oder-1.799165
Als Ergänzung zu einem passiven Portfolio kann man wenige Prozent des Anlagekapitals in extrem riskante aber im Erfolgsfall enorm renditeträchtige Anlagen wie Kryptowährungen investieren. Viele der erfolgreichen Investoren auf Social Trading Plattformen verbessern dergestalt ihre Erfolgsbilanz. Im Verlustfall entsteht auf diese Weise kein großer Schaden.
Stimme ich dir zu! Ich bin allerdings von den Fähigkeiten eines aktiven Investierenden ausgegangen. Braucht es bei der Auswahl von Einzelunternehmen heute andere Fähigkeiten als vor 10 oder 20 Jahren?
Aktives Investieren ist wahrscheinlichkeitsgewichtet eine Verliererstrategie. Wenn man sich die mathematischen Hintergründe verdeutlicht kann dies kaum anders sein. Siehe dazu auch die Erkenntnisse von Prof. Henrik Bessembinder über die Verteilung von wenigen langjährigen Gewinneraktien zur überwiegenden Mehrheit von Verliereraktien. Deshalb sollte man vor einer Investition prüfen ob eine angedachte Strategie tatsächlich eine Überrendite oder Alpha erzeugt. Die einzige mir bekannte Strategie die bisher neben dem passiven Investieren längerfristig sicher funktionierte ist die der statistischen Arbitrage wie beim Medaillon Fonds von Renaissance Technologies von James Simons. Dies ist eine technologiebasierte Strategie und für Einzelne aber auch Großinvestoren wegen dem beschränkten Anlagevolumen nicht durchführbar.
Die Verluste der Hedgefonds bei Short Sqeezes wie am Anfang des Jahres mit Gamestop, AMC, etc. oder die Verluste der Banken die für Bill Hwang´s Family Office Archegos Capital Management Aktien über total return swaps erworben haben sind nichts anderes als die an den Kapitalmärkten übliche Regression zum Mittelwert im großtechnischen Sinne.
Der Vorteil des passiven Ansatzes liegt neben seiner Einfachheit auch in dem psychologisch günstigem Umstand daß die unvermeidlichen Rückschläge mit Buchverlusten eben die Marktrendite sind und nicht das Ergebnis falscher Investitionsentscheidungen.
Hier ein Beispiel wie das Thema in einem Family Office gesehen wird:
„Wir schlagen nicht den Markt, sondern kaufen ihn.
Im Aktienbereich ist unsere Messlatte der Weltmarkt selbst. Über ETF beteiligen wir uns an geografischen- sowie thematischen Märkten. Im Vordergrund stehen nicht-derivative, fungible und preiswerte ETF. Der Branchen- und geografische Mix orientiert sich an einer ein- bis dreijährigen Strategie. Die Höhe einer Beimischung in Anleihemärkte erfolgt in Abhängigkeit zur Risikobereitschaft, welche dem selben Zeitraum unterliegt. Vierteljährlich trifft sich ein Investmentkomitee, um sowohl diese Anlageklasse als auch die Asset-Allokation des Gesamtvermögens zu überprüfen.
Wir suchen den gedanklichen Austausch mit ähnlich denkenden Marktteilnehmern, die ebenfalls ein Single-Family-Office führen. Bei Bedarf einer Vermögensverwaltung gehen wir selbstbestimmt aktiv an den Markt. Wir arbeiten mit einem unabhängigen Family-Office-Dienstleister zusammen, der uns in vielen Bereichen bankenunabhängig berät.“
Da Du selbst auch so etwas wie ein Family Office leitest vielleicht eine interessante Anregung.
Friedrich Karl Flick ist einst sicher von den besten Fachmännern beraten worden und war selbst promoviert. Letztlich hatte er aufgrund von seiner vordergründig bescheiden anmutenden Anlagestrategie am Anfang der 00er Jahre weniger Sorgen als beispielsweise Martin Ebner oder Karl Ehlerding.
Vielleicht kennst Du schon den Podcast mit Jan Beckers der mit Global Internet Leaders im Rahmen seiner Anlagegesellschaft Bit Capital den erfolgreichsten deutschen Publikumsfonds im letzten Jahr verwaltete.
Seine Erfolgsfaktoren sind u.a. daß er aufgrund seines Werdegangs eine hohe Kompetenz bei der Beurteilung von Geschäftsmodellen besitzt in die er investiert, nichtfinanzielle Unternehmensdaten zur Beurteilung von Unternehmen der Plattformökonomie verwendet, vereinzelt größere Wetten eingeht (Livongo) und sein Anlagekapital ungewöhnlich häufig (3 x p.a.) umschlägt.
Ich bin selbst gespannt ob es ihm gelingt mit seinen Fonds dauerhaft und längerfristig Überrenditen zu erwirtschaften weil Statistik und Erfahrung dagegen sprechen.
Siehe die Wertentwicklung von Technologiefonds ab 2000, Solar-, Osteuropa- und BRIC – Fonds ab 2008, Pharmazie- Medizintechnik- und Biotechnologiefonds ab 2015.
Es wäre eine absolute Ausnahme wenn ihm dies längerfristig gelingt wobei er bereits in 2019 und 2020 quasi die Marktrendite von Dekaden erwirtschaftet hat.
Leider – wie so oft – weiß man dies nie im Voraus …
Hier noch mal ein paar Gedanken von meiner Seite. Vielleicht schreiben ich auch noch mal einen ausführlichen Blogbeitrag. Auf jeden Fall Danke für deine Anmerkungen. Sie haben mich zum Nachdenken gebracht. Es gibt nichts wertvolleres als ein guter Gedankenaustausch.
Ich denke für eine Großteil der privaten Investoren sind ETFs tatsächlich die beste Wahl. Ich finde, da auch den Ansatz von Gerd Kommar absolut richtig und einfach für jeden replizierbar. Allerdings kann man ketzerisch fragen, warum ein Family Office dies macht? Kann man sich das Geld für das Family Office dann nicht eigentlich sparen? – ich weiß natürlich, dass die Dienstleistung eines guten Family Office mehr umfasst, als die reine Aktien/Wertpapieranlage, aber der Durchschnittsvermögende, braucht für eine ETF-Strategie eigentlich keine professionelle Beratung.
Gleichzeitig, passt natürlich nicht jede Strategie zu jedem Ziel. Ich verfolgen neben einer guten Rendite auch den Ansatz, dass ich mit meinen Investments die Welt so gestalten möchte, dass ich sie für meine zwei Töchter besser hinterlasse als ich sie vorgefunden habe. Das geht meines Erachtens besser über eine Bottom-Up/Deep Research Ansatz und weniger gut über ETFs – ist aber nicht das Thema, sondern soll nur als Hintergrund Information dienen, warum ich trotz Überzeugung des einfachen ETF-Ansatzes für die Massen ein reines Einzeltitelportfolio habe. Zudem macht es mir auch einfach Spaß mich mit Geschäftsmodellen und dem Portfolioaufbau zu beschäftigen und die Performance stimmt bisher (12 Jahre persönlicher, ungeprüfter, wahrscheinlich geschönter Track-Rekord – die letzten drei Jahr geprüft, waren aber auch gut 😉 ).
Ich hatte im vorletzten Jahr eine sehr fruchtende Diskussion über ETFs mit Saidi von Finanztip, die sich lohnt anzugucken: https://youtu.be/btlVsbYPk9c Geht in eine bisschen andere Richtung, gibt aber ein paar gute Denkanstöße darin und ich habe bewusst die Rolle des Devils-Advokat eingenommen.
Zu dem langfristig erfolgreichen und replizierbaren Strategien im aktiven Investment gehört aus meiner Sicht der Ansatz sich wirklich mit Unternehmen auseinander zu setzten (hier in dem Blogbeitrag habe ich die Fragen nach dem Wie? und ob man dies ändern muss aufgemacht) und dann einen sehr eher langfristigen Ansatz zu fahren. Etwas, was ich ebenfalls versuche. Vier gute und sehr unterschiedliche Beispiele dafür sind Warren Buffett, Anthony Deden, Fred Liu und Rob Vinall.
Interessant ist dabei auch, dass keiner von denen ein Publikumsfond leitet. Ich denke Publikumsfonds sind von der Konstruktion so reguliert, dass ein ETF in nahezu allen Fällen die bessere Lösung ist. Womit sich der Kreis schließt:
Ich denke für das Publikum im Markt ist ein ETF besser, für die wenigen, die die Show machen, d.h. wirklich die Arbeit des Researchers und das Begleiten der Entwicklung eines Unternehmens, ist das aktive Investieren besser. Irgendjemand muss ja die Entscheidung treffen, was gut und was schlecht ist und damit dem Markt gestalten, ansonsten würde real-wirtschaftliche Entwicklungen in den Indizes nicht aufgenommen werden, der Markt/ETFs machen dies nicht von selbst. Das heißt wenige können profitieren, die Mehrheit wird leicht unterdurchschnittliche Performance über ETFs (bilden ja nie das ganze Universum ab und sind von uns nur ein festgelegter Durchschnitt), oder unterdurchschnittliche Performance durch falsche Investmententscheidungen haben. Und: Umso mehr ETF Investoren es gibt, umso besser/einfacher für die verbleibenden aktiven Investoren.
Im Grunde muß ein im heutigen Kapitalmarktumfeld erfolgreicher Investor über Techniken verfügen zukünftige Gewinnerunternehmen situationsbezogen zu identifizieren vergleichbar wie das Jan Beckers bei dem von ihm verwalteteten Global Internet Leaders Fond im Jahr 2020 anläßlich des Coronacrashs praktiziert hat. Wobei ihm zugute kam daß es Digitalunternehmen waren die am meisten von der Krise profitiert haben und er diesbezüglich mit die beste Expertise besitzt. Dabei hat er sein verwaltetes Fondskapital im Jahr 2020 drei Mal umgeschlagen. Zudem sollte dieser Investor über die Erkenntnisfähigkeit verfügen zu welchem Zeitpunkt von seinen bisherigen erfolgreichen Investments aufgrund Sektorrotation, Unternehmenskrise, Baisse oder anderen Gründen keine Wertzuwächse mehr zu erwarten sind um ggf. als einer der ersten und gegen den Markt zu desinvestieren.
Wie bereits erwähnt ist aktives Investieren wahrscheinlichkeitsgewichtet eine Verliererstrategie da es nur wenigen Ausnahmeinvestoren gelingen wird dauerhaft Überrenditen zu generieren. Falls Du einer der wenigen Investoren bist die hier so etwas wie Talent bzw. Skill besitzen was sich längerfristig in einer Überrendite oder Alpha für Dich materialisieren sollte ist Dein aktiver Ansatz sicher eine gute Wahl. Vermögen erwirbt man durch Konzentration und erhält es durch Diversifikation. Ich wünsche Dir, daß Dein Research überwiegend richtig ist so daß sich Deine Wetten für Dich auszahlen. Aus demselben Grund solltest Du Deinen Töchtern und allen anderen Familienmitgliedern für die Zukunft zu einem passiven Ansatz raten wie auch Warren Buffett seinen Erben.
Ich habe Dir in meiner Antwort einen Artikel aus dem Jahr 1999 über die jährlichen Durchschnittsrenditen der Visionen von Martin Ebner verlinkt.
Im Prinzip liest sich das auch hinsichtlich der durchschnittlichen Jahresrenditen wie die Erfolgsgeschichte vieler Technologiefonds und -etf´s heute.
Wahrscheinlich wurden damals (wie heute) viele private Investoren aufgrund der Erfolge der Vergangenheit motiviert zu just dem Moment neu zu investieren wo es rückblickend betrachtet das klügste war zu desinvestieren (Hot Money Problem).
Investitionen in Indexfonds sind in Amerika für Pensionsfonds bereits seit 1971 und für private Anleger seit 1976 möglich. Dahinter steckt die Erkenntnis daß es aktiven Managern selten gelingt die langjährige Rendite eines marktbreiten Index zu übertreffen, insbesonders nicht nach Kosten. Dies hat John Bogle, der Gründer der Vanguard Fonds bereits in seiner Diplomarbeit im Jahr 1951 festgestellt.
Deshalb ist es selbst für Staatsfonds, Milliardäre und Family Offices heute vernünftig und sicherer passiv zu investieren anstatt Manager für etwas zu bezahlen was diese schon nach den Gesetzen der Mathematik überwiegend nicht werden leisten können. Wenn Indexfonds oder ETF´s hierzulande als junges Finanzinstrument erscheinen so zeigt dies nur wie kartelliert und beschränkt der Anlagemarkt in Europa zuvor war.
Eine Frage an Dich als Profi: wie siehst Du die Anlagestrategien von intalcon? 11% p.a. über 15 Jahre bei einem maximalen Drawdown von 17% klingen fast zu gut um wahr zu sein. Leider sind die meisten Zeiträume offensichtlich durch Rückrechnungen ermittelt worden. Warum verkauft intalcon die Handelsdaten zu deren Strategie anstatt einen Fonds zu initiieren und über die Gebühren einen Teil der Überrendite bzw. das Alpha für sich selbst abzuschöpfen vergleichbar wie beispielsweise Jan Beckers mit Bit Capital?
https://www.intalcon.com/strategie/intalcon-us-equities-large-cap-systematic
Ich halte von automatisierten Handelsstrategie, die auf Trends (Aktienkursen) basieren, wenig. Sollten sie funktionieren, würden viele sie benutzen und in dem Fall sollten sie eigentlich nicht mehr funktionieren, da sie selbst das Ereignis auf welches sie reagieren provozieren sollten, bzw. den Markt zu ihren Ungunsten verzehren. Oder anders ausgedrückt: Basierend auf Kursverläufen Kauf- und Verkaufsentscheidungen zu treffen, ist ein nullsummen Spiel, wenn man mal die Liquditätsstellung außer Acht lässt. Langfristig Mehrwert über den Aktienkurs hinaus kann an der Börse eigentlich nur über die Signalgebung auf Fundamentaldaten geschehen, da sich hierdurch die Kapitalallokation der Unternehmen und der Gesamtwirtschaft verändert. Unternehmen mit hohen Bewertungen können sich einfach refinanzieren, als Unternehmen mit niedriger Bewertung und damit schneller wachsen, wenn der Investor richtig liegt. Das ist im Prinzip auch schon der gesamte Nutzen der Börse für die Gesellschaft. In Summe müssen die Investoren entscheiden, wo das Geld investiert wird und damit können sie die Kapitalrendite im positiven wie im negativen für einzelnen Unternehmen und damit für den Durchschnitt verändern. Nur auf Kurse zu reagieren sollte dauerhaft eigentlich keine Nutzen hervorbringen. Das gesagt, sind Trendfolger-/Momentum-Strategie die einzigen, die zumindest wissenschaftlich häufig eine positives Alpha zugeschrieben wird. Allerdings fehlt aus meiner Sicht der Beweis in der Realität. Bisher habe ich wie hier auch immer nur zurück gerechnete Strategien erfolgreich gesehen. Lange Rede, kurze Sinn: Ich halte nicht so viel davon. Bin aber offen mich eines besseren belehren zu lassen. Dafür sind die Informationen auf intalcon aber zu dürftig.