Was ist Value Investing?

Value Investing bedeutet, Unternehmen so zu kaufen, wie ein Unternehmer sein eigenes Geschäft kaufen würde: nur dann, wenn der Preis deutlich unter dem inneren Wert (Intrinsic Value) liegt. Der innere Wert ergibt sich nicht aus kurzfristigen Kursbewegungen, sondern aus den Erträgen, die ein Unternehmen langfristig erwirtschaften kann.

Der Ansatz wurde von Benjamin Graham entwickelt und von seinem bekanntesten Schüler Warren Buffett erfolgreich umgesetzt. Das Prinzip ist einfach, aber nicht leicht:

Man kauft Aktien nur, wenn sie günstiger sind als ihr tatsächlicher Wert und hält sie lange genug, bis der Markt diesen Wert erkennt.

Die Grundidee

Aktien sind Anteile an Unternehmen. Wer investiert, beteiligt sich nicht an einem Papier, sondern an einem echten Geschäft. Der Value Investor ist kein Spekulant, der kurzfristige Gewinne ohne genaue Kenntnisse des Unternehmens realisieren möchte, sondern ein gut-informierter Finanzier. Investitionen werden regelmäßig mittel- bis langfristig eingegangen. Value Investoren fragen deshalb: Wie verdient dieses Unternehmen Geld? Welche Zukunft hat es? Wie solide sind die Finanzen?

Sicherheitsmarge

Selbst die beste Analyse ist unsicher. Deshalb versucht der Value Investor Unternehmensanteile mit einem Abschlag zum inneren Wert zu kaufen. Dies gibt dem Value Investor eine Sicherheitsmarge. Denn je tiefer der Kaufpreis zum inneren Wert ist, desto geringer ist das Risiko mit der Beteiligung Geld zu verlieren. Wer ein Unternehmen für 70 kauft, das 100 wert ist, schützt sich vor Fehlern und erhöht seine Chancen auf eine gute Rendite.

Der Value Investor profitiert von den Ausschüttungen des Unternehmens und nimmt langfristig an der Wertsteigerung der Gesellschaft teil. Value Investing bedeutet, in einem ersten Schritt das Unternehmen fundamental zu analysieren und in einem zweiten Schritt auf eine Fehl- bzw. Unterbewertung am Markt zu warten. Timing und kurzfristige Kursschwankungen spielen für Value Investoren keine Rolle.

Langfristigkeit

Value Investing ist also kein schnelles Trading. Es verlangt Geduld und Disziplin. Der Markt kann sich kurzfristig irrational verhalten, langfristig setzt sich jedoch der fundamentale Wert durch. Genau davon profitieren Value Investoren. Doch was ist dieser fundamentale Wert?

Erster Schritt: Bewertung

Am Anfang analysiert der Value Investor die Bilanz sowie harte und weiche Faktoren des Unternehmens. Dabei fragt er zum Beispiel folgendes:

  • Zahlt das Unternehmen regelmässig Dividenden?
  • Erzielt das Unternehmen nachhaltige Gewinne?
  • Wie hoch ist die Dividendenrendite, das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Buchwert-Verhältnis, die Eigenkapitalquote und die Eigenkapitalrendite?
  • Hat sich das Geschäftsmodell bewährt und ist einfach zu verstehen (z.B. Güter/Dienstleistungen des täglichen Bedarfs)?
  • Hat das Unternehmen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil?
  • Wie sind die Marktposition und das Wachstumspotenzial des Unternehmens?
  • Welche Produkte sind am Markt oder kommen bald?
  • Welche Marken gehören zum Unternehmen? Wer sind die Manager?
  • Wie lange sind die Manager schon im Unternehmen?
  • In welchen Branchen haben sie schon gearbeitet?
  • Wie offen, direkt und verlässlich sind die Manager?
  • Wem gehört das Unternehmen mehrheitlich?

Jeder Investor gewichtet diese und ähnliche Fragen dabei unterschiedlich. Es gibt keine goldene Regel, welche Faktoren am wichtigsten sind oder welche Höhe einzelne Kennzahlen haben müssen. Jeder Value Investor kann auf anderen Faktoren Wert legen. Wichtig ist, dass er das Unternehmen verstanden hat und somit bewerten kann.

Zweiter Schritt: Kaufen

Value Investoren kaufen erst dann Unternehmensanteile, wenn die oben genannten Faktoren intensiv geprüft wurden und der Kaufpreis mit einem grosszügigen Abschlag zu dem fairen Wert notiert. Durch die intensive Prüfung und den Sicherheitspuffer bleiben Value Investoren vor bösen Überraschungen oft geschützt.

Da Value Investoren die Unterbewertungen meistens bei Aktien aus der zweiten oder dritten Reihe finden, die von Analysten und institutionellen Anlegern weniger beachtet werden, ist der Anlagehorizont relativ lang. Es kann manchmal mehrere Jahre dauern, bis eine Unterbewertung von anderen erkannt wird und der Aktienkurs steigt. Erst bei einer fairen Bewertung und einer besseren Anlagemöglichkeit oder einer Überbewertung steigt der Value Investor aus.

Fazit

Value Investing heißt, wie ein Unternehmer zu denken und rational zu handeln. Wer Geduld mitbringt, sich auf Fundamentaldaten konzentriert und nur mit Sicherheitsmarge investiert, hat die besten Chancen auf nachhaltigen Anlageerfolg.